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Samstag, 7. November 2009

Expedition IV - Der Überlebende

Dunkelheit, Regen, Wind, ja Sturm gar, Kreuz- & Hüftweh -  was unzweifelhaft die Folge davon ist, daß ich mich auch bei früheren Expeditionen nie geschont. Und irgendwann fordert selbst der gestählteste Körper den Tribut. (Oder hatte es doch eine geheimnisvolle Bewandtnis mit dem Rat meines alten Expeditionsleiters, der mir zum Abschied zugerufen hatte "Halt Dich gerade!"? Weiß er mehr als ich? - Zweifellos. Und außerdem sind solcherlei Fragen jetzt nicht nur müßig sondern auch in hohem Maße schädlich.) - und horrende Beförderungskosten des hiesigen ÖPNV - trotz widrigster Umstände machte ich mich also auf zur Expedition IV - gen dem Flecken "Westerland".

Was sollte ich auch tun? - Die Vorräte neigten sich bereits bedenklich dem Ende zu. Wenn es wenigstens Fliegen gäbe, hätte ich mir - wie so oft - zu helfen gewußt. Aber selbst diese sonst doch überall anzutreffende Spezies scheint das brutale Eiland zu meiden, das unter Eingeweihten nur "Insel der Künstler" genannt wird.

Was das bedeutet, beginne ich dieser Tage erst zu ahnen ...

... und die Abwechslungen auf dem Eiland sind dünn gesät. Selbst das Casino, wo ich nach erfolgreicher Expedition in anregender Atmosfäre noch etwas entspannen und den Rest des Berichts abfassen wollte, hat vor 8 (sic!) schon zu. Soll ich nächstens schon um 6 hingehen? Was stellen die sich vor - ich habe zu arbeiten!
Oder steckt durchaus Sabotage dahinter? Von wem?

Dann also doch wieder das hart-trockne Brot der Dokumentation im HQ - die Arbeit sei mein Lohn.

Nachdem ich mich also etwas frisch gemacht, das notwendige Gymnastik- & Aufwärmprogramm absolviert, meine Ausrüstung für den Gang hergerichtet und den speziell für das Abenteuer auf dem Eiland angefertigten Spezialanzug angelegt hatte (die Spezialkamera mußte ich leider im HQ zurücklassen - die klimatischen Bedingungen heute hätten sie in jedem Fall unwiederbringlich beschädigt) - tat ich den schwierigsten und wichtigsten Schritt eines solchen Unternehmens: hinaus vor die Tür!

Sofort riß mir der bekannte Sturm wieder den Atem von Mund und Nase. Wie kann man hier überleben?

Vorbei an den Bauten der (wenigen) Urbewohner und den Lagern der "Abenteuer"urlauber, die sich während oft dreier Wochen nicht aus den Gehäusen wagen. Sie wissen weder noch ahnen sie, was Männer wie ich an solchen Orten wie diesem leisten und leisten müssen, um ihr Wohl und das Wohl der ganzen "zivilisierten" Welt zu sichern, ja zu garantieren. Sie sitzen vor elektrischen Kaminfeuern und quadratmetergroßen Bildschirmen (verstehen dabei weder das eine noch das andere), mästen sich mit goldnem Fisch und anderem, kredenzen einander Flüssigkeiten, von denen unsereins nicht mal zu träumen wagt. Und ahnen dabei nicht, wie es um sie bestellt wäre, wenn es uns nicht gäbe. (Dabei bin ich ja noch fein raus dadurch, daß ich zur eingehenden Inspektion des Eilands auserwählt wurde.)

...

Der Regen peitschte, der Wind wollte mir mehrfach die Expeditionskappe herunterreißen. Ich wurde beobachtet : verschiedene Fensterverhüllungen bewegten sich verdächtig. Na, sollense.

Um das Maaß des Unbills auch noch bis zum Stehkragen zu füllen, hatte ich aus purer Zeitnot die Route falsch ausgearbeitet und gelangte nur unter Aufbietung aller mir verbleibenden Kräfte zur Haltestelle, wo bereits einige Passagiere warteten.
Einige Weibchen hatten sich in der Schutzhütte festgesetzt, so daß für unsereins kein Raum mehr war und wir den Orkan im Freien zu ertragen hatten.

Der Shuttle traf mit gut zehnminütiger (sic!) Verspätung ein. (Warum, sollte mir einige Zeit später schlaglichtartig klar werden und die Mentalität der Urbewohner nicht eben gering erhellen.)

Ich wechselte einige Worte mit dem Piloten, den man hinter sein Steuerrad geklemmt. Der Druck desselben auf seinen Enbonpoint verursachte ihn gelinde Atemnot, nichtsdestoweniger war er wohlgesonnen und auskunftsfroh. Nach meiner (ersten, bescheidenen) Theorie ist die Gutgelauntheit (besonders der Urbewohner) der sauerstoffhaltigen Luft hier geschuldet und mir scheint es, daß selbst ein trainierter Mensch wie ich es bin, davon betroffen ist. Ich muß mich vorsehen.

Auch bin ich einmal mehr erstaunt, wie gut ich ihre Sprache verstehe (und sie meine!) und ertappe mich dabei, wie ich ihren speziellen Grußlaut jetzt schon unwillkürlich erwidere (er klingt etwa wie "moin", das "oi" fällt dabei gaumig-kurz heraus). Wenn ich noch etwas übe, wird es mir die Türen öffnen, die notwendig geöffnet werden müssen.

Durch die Nacht.

Haltestelle "Dikjen-Deel" (kein Kommentar - es spricht für sich).
Haltestelle "FKK-Strand" - als ob ich dieses Beweises noch bedurft hätte ...

Ankunft an der Zentralstation Westerland, die sie, wie wir, "ZOB" nennen ...

(Fortsetzung folgt)

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